Die Haushaltsrede 2025 des Vorsitzenden Boris Bulitta der GRÜNEN Kreistagsfraktion vom 16.12.2024:
Sehr geehrter Herr Landrat, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen,
wir stehen heute vor der Verabschiedung des Haushaltsplans für das Jahr 2025 des Kreises Trier-Saarburg. Ein Haushalt, der in vielerlei Hinsicht ein Spiegelbild der Herausforderungen ist, vor denen unsere Kommunen derzeit stehen – Herausforderungen, die unsere finanzielle Handlungsfähigkeit bedrohen und uns zu einer gemeinsamen Verantwortung aufrufen.
In der letzten Haushaltsrede haben wir es bereits angesprochen: „Es zeichnet sich schon ziemlich konkret ab, viele Millionen Euro werden alleine bei den Kitas benötigt werden – auf einen Schlag werden wir uns … mit drastisch unausgeglichenen Haushalten konfrontiert sehen.“
Es ist leider noch schlimmer gekommen: Der Haushaltsentwurf 2025 prognostiziert für das kommende Jahr ein alarmierendes Defizit von 36,5 Millionen Euro und es kann noch höher ausfallen, je nachdem wie bei der Refinanzierung der Kitas entschieden wird – eine dramatische Verschlechterung gegenüber dem Vorjahr. Im Ergebnishaushalt haben wir bei den laufenden Aufwendungen ein Zuwachs von rund 20,4% zu verzeichnen. Demgegenüber stehen die Erträge, die zwar wachsen, aber bei weitem nicht mit den Ausgaben mithalten können.
In den Bereichen des ÖPNV, dem Sozialbereich und bei der Jugendhilfe steigen die Kosten explosionsartig an. Das kann man murrend zur Kenntnis nehmen, da es sich aber bei fast allen Positionen um Pflichtaufgaben handelt, müssen wir diese gesteigerten Kosten tragen, ob wir wollen oder nicht. Deutlich hervorzuheben ist aber der Anstieg der Personalkosten um unglaubliche sieben Millionen Euro, eine Steigerung auf sage und schreibe 48,4 Millionen Euro … und dies in einem Jahr!
Die Lage der Kreise im Land ist beunruhigend. Damit geht wieder das Gespenst der ausufernden Liquiditätskredite um und dies, nachdem das Land versucht hat, die Kassenkredite endlich spürbar abzuschmelzen. Eigentlich könnte die These lauten, alles wieder beim Alten, leider! Hier muss eine Lösung zu einer dauerhaften Entschuldung gefunden werden, soll unsere kommunale Selbstverwaltung mehr sein als eine Absichtserklärung!
Dass es in anderen Bundesländern nicht besser aussieht, kann uns nicht beruhigen. Es hilft nichts, wir müssen dieses Problem angehen. Sicherlich muss es einen noch deutlicheren Appell an Land und Bund geben, bei immer größeren Aufgabenübertragungen verpflichtend für eine auskömmliche Finanzierung zu sorgen. Eigentlich müsste dies eine Selsbtverständlichkeit sein.
Ich hatte eingangs schon die Frage nach den Konsequenzen aufgeworfen, die wir aus diesem, übrigens im Landesdurchschnitt wohl größten Defizit aller Kreise, zwangsläufig zu ziehen haben. Da wäre zuerst die Frage der Kreisumlage, die bei uns momentan bei 43 Punkten liegt und damit im Landesdurchschnitt, mit zwei anderen Kreisen, den niedrigsten Umlagewert darstellt. Es bedarf keines Propheten vorauszusehen, dass die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion hier eine Erhöhung verlangen wird. Die Frage ist nur, in welcher Höhe.
Meine Damen und Herren, wollten wir unser Defizit von 36,5 Millionen Euro ausgleichen, müsste die Kreisumlage auf unglaubliche 62 Umlagepunkte anwachsen. Dies ist doch völlig absurd. Die von unserer Verwaltung angeregte Erhöhung der Umlage von drei Punkten auf den rheinland-pfälzischen Kreisdurchschnitt nährt sich von der Hoffnung, die ADD könnte dies als Zeichen des guten Willens deuten und von weiteren Forderungen nach einer Erhöhung absehen.
Wir folgen dieser Auffassung nicht und fordern zunächste eine moderate Erhöhung um 1,5 Punkte. Eine Erhöhung der Umlage um drei Punkte würde das Defizit auf etwa 30 Millionen Euro senken. Dies ist nicht signifikant, führt aber bei der Mehrheit unserer größtenteils verschuldeten Gemeinden zu extrem hohen Belastungen.
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Lassen sie uns in diesem Zusammenhang den Blick auf die Finanzierung unseres angeschlagenen Kreiskrankenhauses werfen: 2025 erwarten wir ein Defizit von 7 Millionen Euro. Unser kommunales Krankenhaus in Saarburg ist für die Region ein wichtiger medizinischer Versorger, Arbeitgeber und Identifikationsobjekt. Doch seit Jahren treiben uns die enormen Defizite die Sorgenfalten auf die Stirn. Hier muss im kommenden Jahr noch genauer darauf geachtet werden, ob wirklich alle Stellschrauben, die ein solch eklatantes Minus reduzieren könnten, bereits gedreht wurden.
In diesem Zusammenhang lohnt ein Vergleich mit Niedersachsen. Dort dürfen Kreise und Städte Kredite aufnehmen, um defizitäre Krankenhäuser zu stützen. Diese Kredite werden bei der Bewertung der kommunalen Haushalte und der Haushaltssicherungskonzepte unberücksichtigt gelassen. Dies bedeutet, dass die finanziellen Unterstützungsleistungen für Krankenhäuser nicht in die allgemeinen Haushaltsberechnungen einfließen. Für die Genehmigung der Kommunalhaushalte bleiben diese Ausgaben unberücksichtigt. Somit können Kreise und Kommunen ihre finanziellen Mittel für andere wichtige Aufgaben verwenden und trotz finanzieller Defizite die Krankenhäuser weiter betreiben. Wir fordern daher unseren Landrat Stefan Metzdorf auf, sich mit seinen Kolleginnen und Kollegen auf Landesebene dafür stark zu machen, dass dieses Modell auch bei uns angewendet werden kann.
Angesichts der erdrückenden Schuldenlast ist auch von unserer Verwaltung zu fordern, Einsparungen vorzunehmen. Insbesondere bei der Schaffung von neuen Stellen muss noch genauer darauf geachtet werden, ob diese wirklich notwendig sind oder die Aufgaben nicht doch vom vorhandenen Personal geleistet werden können.
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Meine Damen und Herren, Sie kennen das Sprichwort: „Wir haben die Erde nicht von unseren Eltern geerbt, sondern von unseren Kindern geliehen.“ Just diese Tage kam die Nachricht: EU-Klimadienst Copernicus meldet, dass 2024 das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen war!
Wir reißen mittlerweile sämtliche Begrenzungen, die wir uns auferlegt haben in immer kürzeren Abständen mit immer verheerenderen Konsequenzen. Auch unsere Region ist davon nicht ausgenommen, exemplarisch sind hier die Starkregen- und Hochwasserkatastrophen der letzten Jahre zu nennen. Seit den letzten Kommunalwahlen beschleicht uns allerdings immer öfter das Gefühl, manchen in unseren Gremien passt dieser ganz sogenannte „Klimamist“ nicht, Devise: Können wir eh nichts machen, geht uns nichts an, es wird schon nicht so schlimm oder alles aufgeblähter administrativer Schnickschnack.
Wollen wir ernsthaft um die Notwendigkeit von dringend erforderlichen Maßnahmen im Bereich Klima und Umwelt streiten? Lassen sie uns gerne über die besten erforderlichen Maßnahmen diskutieren und versuchen, den administrativen Aufwand auf ein absolut erforderliches Maß zu reduzieren. Wir müssen umsetzen, wir müssen liefern, wir müssen jetzt handeln, uns läuft die Zeit davon! Aber bitte, lassen Sie uns vorher gemeinsam überlegen, wie wir vorgehen. Wir sind der festen Überzeugung: Es ist da nicht mit der Pflanzung von ein paar Baumsetzlingen oder der Anschaffung von einigen Elektrofahrzeugen für die Verwaltung getan.
Zur Klarstellung: Nein, um es noch einmal zu betonen, wir GRÜNE sind natürlich nicht gegen Baumfplanzungen. Bäume pflanzen, ist sinnvoll und gut, aber es sollten sich vorher Gedanken zur Umsetzung gemacht werden, damit es ein nachhaltiger Erfolg für Umwelt und Bürgerinnen und Bürger wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt auch Grund zur Zuversicht. Der Landkreis Trier-Saarburg hat wichtige Schritte im Bereich des Klimaschutzes unternommen, die Anerkennung verdienen: Mit dem integrierten Klimaschutzkonzept haben wir eine umfassende Grundlage geschaffen, um den Kreis nachhaltiger zu gestalten. Wir müssen diesen Weg konsequent fortsetzen und weitere ambitionierte Maßnahmen ergreifen. Lassen Sie uns nun zeitnah mit der Umsetzung beginnen und nicht mit ideologischen Unterstellungen und Mutmaßungen einen Bundes- oder Landeswahlkampf in unseren Gremien ausfechten. Dafür ist die Situation wirklich zu ernst! Persönliche, lautstarke Anfeindungen bringen uns in der Sache für unseren Kreis Trier-Saarburg nicht weiter, sondern befeuern nur weitere Vorbehalte.
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Lassen Sie mich zum Schluss noch über die sich stetig verschlechternde medizinische Hausarztversorgung in unserem Landkreis sprechen. Besetzungen von Arztpraxen bleiben aus, da oft keine Nachfolge gefunden wird. Aufgrund der Altersstruktur der niedergelassenen Ärzteschaft steht in naher Zukunft eine große Zahl von Praxisabgaben an. Zeitgleich besteht ein akuter Nachwuchsmangel besonders im allgemeinmedizinischen Bereich. Von der romantischen Vorstellung des Landarztes à la Bergdoktor, der als Einzelkämpfer mit einer Praxis im eigenen Wohnhaus, das Telefon griffbereit auf dem Nachtisch, rund um die Uhr auch sonn- und feiertags erreichbar ist, müssen wir uns verabschieden.
Die Arbeitsbedingungen in ländlichen Einzel- und Kleinpraxen entsprechen längst nicht mehr den Präferenzen der nachrückenden Generation von Medizinerinnen und Medizinern. Dabei müssen die sogenannten weichen Standortfaktoren stärker als bisher in den Blick genommen werden, da sie die Niederlassungsentscheidungen junger Medizinerinnen und Mediziner stärken beeinflussen als gemeinhin angenommen.
Festzuhalten ist: Grundsätzlich ist für die Sicherstellung, Verbesserung und Förderung der ambulanten ärztlichen Versorgung die Kassenärztlichen Vereinigung zuständig und somit auch für die medizinische Versorgung auf dem Land verantwortlich. Leider kommen Sie anscheinend dieser Aufgabe nicht ausreichend nach. Warum sollte sich der Kreis und seine Kommunen um dieses Thema kümmern? Die Antwort ist einfach: Weil es um das Wohl unserer Bürgerinnen und Bürger geht. Weil eine gesicherte, ärztliche Versorgung vor Ort ein wesentlicher Teil der Daseinsvorsorge ist und sich unser Kreis wegen dieser übergeordneten Bedeutung mit dem Thema auseinandersetzen muss! Wir sollten für alle neuen Denkmodelle offen sein.
Was kann der Kreis denn wirklich tun, um die Situation zu verbessern? In vielen Landkreisen und Kommunen werden bereits innovative Wege erfolgreich beschritten. Die gesundheitliche Daseinsvorsorge ist jedoch für unseren Kreis und unsere Gemeinden in vielen Bereichen Neuland. Es betseht ein erheblicher Unterstützungsbedarf. Wir sollten Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner benennen – idealerweise mit fundierten Kenntnissen im Bereich Public Health – die Unterstützung leisten und Beratung anbieten können. Lassen Sie uns von positiven Beispielen in verschiedenen anderen Landkreisen lernen, die diese Aufgabe originär im Gesundheitsamt angesiedelt haben.
BÜNDNIS 90/Die GRÜNEN beantragen, dass das Gesundheitsamt in einem ersten Schritt in Zusammenarbeit mit der zuständigen kassenärztlichen Vereinigung, den niedergelassenen Hausärztinnen und Hausärzten und allen weiteren relevanten Gruppen Gespräche aufnimmt und ein gemeinsames Konzept erarbeitet, um die Versorgungssituation in unserem Kreis zu verbessern.
Meine Damen und Herren: Es muss auch möglich sein, ein Thema in dieser Verwaltung zu bearbeiten, ohne nachzupersonalisieren! Wir verweisen in diesem Zusammenhang im Gesundheitsamt auf die derzeit 15 Stellen mit unbefristeten Verträgen, die in absehbarer Zeit auf eine neue Aufgabenstellung „warten“, wenn bestehende Projekte in 2025 auslaufen.
Ihnen, Herr Landrat, den Beigeordneten, den Kolleginnen und Kollegen im Kreistag, danken wir für das konstruktive Miteinander. Ebenso den Mitarbeitenden der Kreisverwaltung für Ihre Unterstützung, insbesondere Herrn Gräber, für seine Bereitschaft und seine Zeit, uns den Haushalt zu erklären. Die Fraktion BÜNDNIS 90/Die GRÜNEN wünscht Ihnen allen ein frohes Weihnachtsfest und ein gutes, gesundes Jahr 2025!