Haushaltsrede der Kreistagsfraktion 2022

„Dies sind herausfordernde Zeiten: ob die Hochwasserkatastrophe, als greifbare Auswirkung einer sich immer weiter zuspitzenden, dramatischen Klimakrise oder die Corona‐Pandemie, es hat viele von uns im Kreis Trier‐Saarburg betroffen. Die einen sind vielleicht mit einem „blauen Auge“ davongekommen, andere dagegen wurden bis an ihre Grenzen geführt und schließlich hat es einige von uns auch über diese Grenzen hinaus belastet – es muss unsere vordringliche Aufgabe sein, diese Menschen nicht zu vergessen und ihnen weiterhin alle erdenkliche und mögliche Hilfe zukommen zu lassen.“

Mit diesem wichtigen Statement leitete unser neuer Sprecher der Kreistagsfraktion, Boris Bulitta, seine Rede zum Haushalt 2022 im Kreistag ein.

Hier geht es zum Download der vollständigen Rede (Es gilt das gesprochene Wort):

ZUM HAUSHALT

Sehr geehrte Damen und Herren, der nun hier zur Debatte stehende Haushaltsentwurf 2022 ist, bei gleichzeitiger Absenkung der Kreisumlage um einen Prozentpunkt, nicht nur ein ausgeglichener Haushalt, es ist sogar ein Überschuss eingeplant, sehr erfreulich. Auch bei der weiteren Reduzierung der Kassenkredite sehen wir eine begrüßenswerte Entwicklung.

Folgende Punkte möchten wir aber ansprechen: Sehr überraschend erhielten wir während der Haushaltsberatungen Ende letzten Jahres die frohe Botschaft einer in 2022 anstehenden Rückzahlung des KKH‐Saarburg an den Kreis in

Höhe von ca. 2,1 Millionen Euro. Das Krankenhaus hatte 2020 einen geringeren Verlust als eingeplant erwirtschaftet. Unsere Frage: hatte sich diese Entwicklung nicht früher abgezeichnet?

Wir erinnern uns auch noch sehr gut an die überraschend kurzfristige Bitte im Herbst des letzten Jahres, der Kreistag möge einer sofortigen Finanzspritze zur Stärkung der Liquidität des Kreiskrankenhauses‐Saarburg in Höhe von 500.000 Euro zustimmen, es drohe Zahlungsunfähigkeit beim MVZ‐Konz. Unsere Frage: hatte sich diese Entwicklung nicht früher abgezeichnet?

Ein Blick in den aktuellen geplanten HH 2022 erstaunt dann doch: es wird beim KKH-Saarburg mit einem Verlust in Höhe von über 6 Millionen Euro gerechnet, reduziert um die bereits erwähnte Rückzahlung für 2020. Unsere Frage: da wurde doch etwas anderes versprochen?

Nicht erst nach der angekündigten endgültigen Schließung des Krankenhauses in Trier‐Ehrang wissen wir wie wichtig eine Aufrechterhaltung einer flächendeckenden Gesundheitsversorgung im Kreis ist. Wir haben uns in der Vergangenheit einem deutlichen finanziellen Engagement für ein „eigenes“ Kreiskrankenhaus nicht verwehrt, aber wir fordern künftig eine frühere Information und mehr Transparenz.

Meine Damen und Herren, für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellt sich die Frage:

„Quo vadis Trier‐Saarburg“?

Haben wir im Kreis‐Trier Saarburg eigentlich ein Ziel, das sich im Haushalt 2022 findet oder liegt die Orientierung vielmehr alleine auf der Durchführung von Leistungen, statt die Wirkungen dieser Leistungen in den Blick zu nehmen? Wäre es nicht sinnvoll Ressourcen wie Finanzen und Personal mit Wirkungszielen zu verbinden und mit passenden Indikatoren zu überprüfen, ob und inwieweit die angestrebten Ziele auch tatsächlich erreicht werden?

Es findet bei den Haushaltsberatungen in der Regel keine vertiefte politische Ziel‐ und Strategiediskussion in diesem Sinne statt. Politik und Verwaltung sollten aber insbesondere an den gewünschten Wirkungen ihres Handelns interessiert sein. Dementsprechend sollte der Haushalt künftig auf wesentliche Ziele wie etwa Klimaneutralität oder Digitalisierung gebündelt werden. Dabei stehen nicht mehr nur einzelne Zahlenreihen oder Teilprodukte im Fokus, sondern es wird sozusagen der Blick von oben auf den Haushalt geworfen.

Der große Vorteil: mit dieser systematischen Bündelung werden auch Einsparpotentiale sichtbar!

Unserer Meinung nach sollten wir unseren Umgang mit dem Haushalt und den Haushaltsberatungen ementsprechend modernisieren. Unsere Fraktion fordert die Bildung eines fraktionsübergreifenden Arbeitskreises mit Mitgliedern der Kreisverwaltung und der Politik, der sich mit dieser Aufgabe beschäftigen soll.

ZUM KLIMASCHUTZ

Sehr geehrte Damen und Herren, ich habe eingangs schon die Flutkatastrophe erwähnt, die auch unseren Kreis heimgesucht hat. 220 Menschen verloren ihr Leben in Rheinland‐Pfalz und Nordrhein‐Westfalen. Der finanzielle Schaden wird für Deutschland allein auf 33 Milliarden Euro beziffert, eine gigantische Summe und die erschreckende Prognose: bei der Sturzflut handelte es sich nur um einen Vorboten!

Der Blick auf aktuelle Untersuchungen zu den Auswirkungen der globalen Erwärmung verheißt für uns nichts Gutes: Rheinland‐Pfalz und das Saarland werden sich, stärker als andere Regionen in Deutschland, auf eine extreme Verschärfung der Dürrezeiten einstellen müssen. Sollte die Erwärmung, wie erwartet, weiter voranschreiten und beispielweise Starkregenereignisse dazukommen, ist die Katastrophe da!

Die Stärkung des Katastrophenschutzes und der Anpassungsstrategien an die Folgen des sich verändernden Klimas sind zwingend notwendig. Es ist aber ebenso unerlässlich nicht nur die Symptome zu bekämpfen, sondern gezielt die Ursachen anzugehen durch eine sofortige Stärkung des Klimaschutzes auf allen Ebenen. Je länger wir zögern und abwarten umso unermesslicher werden die Kosten!

Meine Damen und Herren, Kosten sind das Eine, aber eine lebenswerte Umwelt und eine Verantwortung gegenüber den folgenden Generationen muss Grundlage unseres Handelns sein.

Angesichts dieser sich dramatisch abzeichnenden Veränderungen: wie steht unser Kreis beim Thema Klimaschutz da? Was wurde bei uns angegangen, auch im Vergleich zu anderen Kreisen in Rheinland‐Pfalz? Unsere Einschätzung: da wurde viel versäumt und viel verhindert!

Nehmen wir beispielweise das Thema Klimaschutzmanagment: Herzlichen Glückwunsch meine Damen und Herren von CDU, FWG und FDP, Sie haben es durch Ihre Verzögerungstaktik geschafft, dass wir bei der Stellenbesetzung der nun für 2022 beschlossenen 2 Stellen wahrscheinlich der letzte Landkreis in Deutschland sein werden. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die Auswahl an geeigneten Bewerber*innen deutlich schwieriger wird.

Wäre man damals zeitnah unserem Antrag zur Schaffung dieser Stellen gefolgt, bräuchten wir uns über dieses Thema heute nicht zu unterhalten. Stattdessen zog sich die Debatte zur Frage der Ausschreibung und Besoldung der Klimaschutzmanager*innen unsäglich in die Länge. Dass die Qualität der Bewerberinnen und Bewerber mit der Entlohnung in Beziehung steht konnte die Verwaltung nicht überzeugen. Da wurde lieber das Qualifikationsprofil reduziert!

Es ist bekannt, dass bei der CDU das Thema Klimaschutz nicht an erster Stelle der Agenda steht. Für Sie scheint es mit der plakativen und unrealistischen Forderung zur Pflanzung von 150.000 Bäumen abgehandelt zu sein. Eine Forderung, bei der wir jegliches Realisierungskonzept vermissen und die zu dem Ergebnis führt, dass die ohnehin schon personell unterbesetzte Umweltabteilung des Kreises, zusätzlich überfrachtet wird.

Wenigstens diese versucht dem Vorhaben Struktur zugeben. Dafür unser ausdrücklicher Dank an Hr. Rösler und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Noch einmal zur Einordnung: befürworten die bereits genannten Fraktionen nicht auf der anderen Seite den Bau des Moselaufstiegs bei dem tausende von Bäumen gefällt und mit dem Bau von 6 Kilometer Straßen zusätzliche Flächen versiegelt werden sollen? Ein Projekt, das aus der Zeit gefallen ist!

Aber zurück zu den angestrebten Baumpflanzungen: Die sinnvolle Verausgabung der im vorliegenden Plan eingestellten 390.000,‐ Euro für 2022 erscheint uns deshalb unrealistisch, da der erforderliche, zusätzliche Flächenbedarf noch nicht umfänglich geklärt ist.

Insgesamt sind für diese Maßnahme bis 2025 ca. 1 Mio. Euro im Haushalt eingestellt.

Sehr ambitioniert!

Wohl wissend, dass man Äpfel nicht mit Birnen vergleichen kann, erscheint uns trotzdem der Hinweis interessant, dass man für diesen Betrag 9 Jahre lang 2 Klimaschutzmanager*innen beschäftigen könnte.

Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, wollen wir unsere notwendigen Klimaschutzziele erreichen, so liegt vor uns eine beispiellose Herausforderung in den Bereichen der Energiewirtschaft, der Gebäude, beim Verkehr, der Industrie und der Landwirtschaft. Dies wird auch für den Kreis Trier‐Saarburg eine große Aufgabe. Ein weiter so wie bisher schließt sich hier aus!

Aber auch aus wirtschaftlichem Interesse müssen wir diese Chance für unseren Kreis beherzt ergreifen: auf eine sage und schreibe Wertschöpfung von 19 bis 20 Milliarden Euro werden die Investitionen in die Energiewende in Deutschland per anno geschätzt, verbunden mit der jährlichen Sicherung von etwa 270.000 Arbeitsplätzen. Alleine aus dem Betrieb einer Windkraftanlage wird schätzungsweise eine jährliche Wertschöpfung von 75.000 Euro abgeleitet, nur aus dem Betrieb!

Ganz neu sind diese Erkenntnisse nicht, auch wenn dieses Thema in letzter Zeit deutlich an Tempo gewonnen hat. Aus den unterschiedlichsten Gründen hat die Energiewende aber einen Bogen um unseren Kreis gemacht. Das muss sich ändern!

Wie das Beispiel des Rhein‐Hunsrück Kreises zeigt, liegt in einer gelungenen Umsetzung der Energiewende ein Schlüssel für den wirtschaftlichen Erfolg: früher strukturschwach, heute gehört dort die kommunale Verschuldung zu den niedrigsten in Rheinland‐Pfalz, früher kompletter Stromimporteur, heute Stromproduzent von ca. der 3‐fachen Menge des Eigenverbrauchs.

Warum soll uns dies im Kreis Trier‐Saarburg nicht auch gelingen?

Sowohl die Erzeugung von regenerativer und nachhaltiger Energie, als auch die Vermarktung und damit der Verbleib der wirtschaftlichen Wertschöpfung in unserer Region kann nur in enger Zusammenarbeit mit der Stadt Trier gelingen. Dies gilt es künftig zu forcieren. Wir haben als Landkreis vor einigen Jahren zusammen mit den Stadtwerken Trier die Regionalwerke Trier‐Saarburg (RTS AöR) gegründet, die genau in diesem Bereich Projekte umsetzen sollten. Hier ist noch viel, viel mehr möglich!

Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, die beschrieben Herausforderungen im Bereich Klimaschutz und Klimawandelanpassung müssen von uns im Kreis als kommunale Querschnittsaufgabe begriffen werden, die eine systematische und integrierte Herangehensweise verlangt. Der künftige Kommunale Klimapakt Rheinland‐Pfalz soll die

teilnehmenden Kommunen, nach den Vorstellungen der kommunalen Spitzenverbände und der Landesregierung, bei dieser Aufgabe in erheblichem Umfang finanziell und beratend unterstützen. Ein Blick über unsere Landesgrenzen nach Luxemburg zeigt, zu welchem großen Erfolg ein ähnliches Projekt mit den dortigen Kommunen geführt hat.

Daher beantragt unsere Fraktion die Energieagentur Rheinland‐Pfalz zeitnah in eine der nächsten Sitzungen des Umweltausschusses einzuladen, damit dort die Planungen zum Kommunalen Klimapakt Rheinland‐Pfalz vorgestellt werden können. Der Kreis‐Trier Saarburg sollte hier von Anfang an dabei sein und sich nicht bei diesem elementaren Thema weiter abhängen lassen!

ZUM ÖPNV

Sehr geehrter Herr Landrat, sollte die ursprünglich geplante Mobilitätsbefragung durch die TU Dresden aus den unterschiedlichsten Gründen nicht durchgeführt werden, so erwartet unsere Fraktion, dass, wie von Ihnen zugesichert, eine zeitnahe Beauftragung lokaler Akteure mit der gleichen Thematik erfolgt.

Unabhängig davon kündigen wir hiermit schon jetzt an, dass wir in Kürze, analog zu dem fraktionsübergreifenden Antrag von Bündnis 90 /Die Grünen und CDU im Eifelkreis Bitburg‐Prüm, einen Antrag für ein vorerst befristetes Angebot an junge Menschen zur kostenfreien Nutzung des ÖPNV im Kreis Trier‐Saarburg stellen werden.

ZU DEN SCHULEN

Der Ausbau, die Modernisierung und die Attraktivitätssteigerung der kreiseigenen Schulen haben für die Fraktion Bündnis 90 /Die Grünen immer absolute Priorität. Unsere mahnenden Worte bezüglich einer Erhöhung der Mittel für den Bauunterhalt, einhergehend mit einer entsprechenden Personalaufstockung in der Verwaltung, scheinen so langsam Gehör zu finden. Auch wenn die statistisch vorgegebene Zielmarke von 1% der vorhandenen Bausubstanz bei Weitem noch nicht erreicht ist, geht der Weg zumindest in die richtige Richtung.

Ich wiederhole es nochmal gern „Wer den Bauunterhalt vernachlässigt vernichtet Kapital“ und zwar zu Lasten der Nachfolgegenerationen.

ZUM SOZIALEN

Meine Damen und Herren, Corona hat viele von uns betroffen, aber die „Schwächsten“ Mitglieder unserer Gesellschaft besonders hart. Zu den Verlierern der Pandemie zählen insbesondere Kinder und Jugendliche, Frauen und Menschen in prekären Lebenssituationen. Es muss zu den vorrangigsten Aufgaben des Kreises zählen, diesen Personengruppen die

notwendigen Hilfen und Unterstützungen zukommen zu lassen. Dies kann nur in Kooperation mit der Stadt Trier gelingen. Hier müssen intensive Gespräche stattfinden, insbesondere im Hinblick auf eine angemessenere und ausgewogenere Finanzierung der sozialen Einrichtungen.

Wir stimmen dem vorliegenden Haushalt 2022 zu.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

Fraktion Bündnis 90 /Die Grünen im Kreistag Trier‐Saarburg

Boris Bulitta

(Fraktionsvorsitzender)

Ralingen, den 31.01.2022

(Es gilt das gesprochene Wort.)

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